Einsatz von Telemetrie-Technik zum Schutz des Großen Brachvogels
Der Große Brachvogel: vom Aussterben bedroht
Der Große Brachvogel ist der größte Vertreter der Watvögel in Europa. Charakteristisch ist sein langer, gebogener Schnabel, mit dem er Kleintiere wie Schnecken und Regenwürmer vom Boden aufpicken und in Erdlöchern oder zwischen Steinen nach ihnen stochern kann. Ursprünglich brütet er vor allem in Mooren, Dünen, Feuchtwiesen und auf störungsarmen Weiden. Er ist ein Bodenbrüter, der sein Nest in Mulden baut, die er mit Pflanzenmaterial auspolstert. Mit zunehmendem Lebensraumverlust gehört er in Deutschland leider zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Intensiv genutztes Grünland, Entwässerung und die Prädation durch Bodenräuber sind die bislang belegten Hauptursachen dafür.
LBV bestimmt Aufenthaltsorte der Brachvogelküken
Auch in Bayern ist sein Bestand stark gefährdet, es gibt nur noch knapp 500 Brutpaare. Deshalb hat es sich der LBV schon vor Jahren zur Aufgabe gemacht, den Bestand des Großen Brachvogels zu schützen. Seit 2019 läuft ein Projekt im Altmühltal, bei dem juvenile Brachvögel mit Radiotelemetriesendern ausgestattet werden, um bessere Erkenntnisse über deren Aufenthaltsorte und das Verhalten der Vogelfamilien in den Flächen zu gewinnen.
Mithilfe der Besenderung konnten bereits eingeleitete Schutzmaßnahmen greifen und erstmals seit 2008 ein bestandserhaltender Bruterfolg erzielt werden. Zum Beispiel wird durch die Absprache mit den Landwirten die Mahd von Wiesen, in denen sich gerade Brachvogelküken aufhalten, verschoben und auch junge Brachvögel kurz vor dem Flüggewerden geortet, um mit GPS-Sendern für die weitere Beobachtung ausgestattet werden zu können.
Einsatz des neuartigen Telemetriesystems
In Zusammenarbeit mit der Universität Marburg (LOEWE Schwerpunkt Natur 4.0) wird an einer technischen Weiterentwicklung, gegenüber den bisher genutzten mobilen Empfangsantennen, geforscht. Es werden stationäre Empfänger im Gelände erprobt, die eine Live-Übertragung der aufgezeichneten Senderdaten ermöglichen, wodurch eine störungsärmere Standortbestimmung realisiert werden kann. Darüber hinaus lassen sich aus den empfangenen Daten Aktivitätsmuster ableiten und eventuelle Senderverluste oder Sterbeereignisse unmittelbar feststellen.
Die Audi Stiftung für Umwelt beteiligt sich an der Finanzierung von drei Empfängerstationen dieser neuartigen Ortungstechnik. In einem Probelauf werden acht Brachvogelfamilien überwacht. Der Vorteil des stationären Systems gegenüber der Handantenne ist eine enorme Zeitersparnis, weniger Personaleinsatz/Personalbedarf und eine deutlich höhere Genauigkeit und Anzahl der Daten. Wenn das System wie erwartet arbeitet, sind auch andere Wiesenbrütergebiete an dieser Telemetrie-Technik interessiert, da es überall an personellen Kapazitäten für die Handtelemetrie fehlt.
Aus diesem Grund hat auch der Deutsche Rat für Vogelschutz (DRV) eine Förderung des Pilotprojektes beschlossen. Die meisten Wiesenbrüterarten stehen auf der Roten Liste in Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht), sodass vielversprechende Neuentwicklungen zur Verbesserung der Schutzoptionen im Interesse des DRV liegen.
Erfolgreicher Einsatz des Telemetriesystems
Der Einsatz der stationären Telemetrie erwies sich als äußerst hilfreich und effektiv. Ein Vergleich der ermittelten Daten der stationären Sender zu den Aufenthaltsorten der Küken mit den Punkten der Handtelemetrie ergab eine Übereinstimmung der Ergebnisse der stationären Telemetrie mit denen der Handtelemetrie, was zeigt, dass die Methode funktioniert. Das neue System mit stationären Antennen erfasst die Signale der Küken mehrmals in der Minute und erhöht die Genauigkeit der Messungen im Vergleich zur aufwändigen, personalintensiven Handtelemetrie. Die Bestimmung der Aufenthaltsorte und Schlafplätze der Küken konnte somit verbessert werden.
Die kontinuierliche Datensammlung ermöglicht es, das Wissen über die komplexen Faktoren, die das Überleben des Brachvogels beeinflussen, zu erweitern. Da das neue, stationäre System erfolgreich arbeitet, könnte die Methode – gegebenenfalls mit ein paar technischen Anpassungen - auch in anderen Wiesenbrütergebieten zum Einsatz kommen. Dieses Jahr wird zusätzlich zu den bisher benutzten Stationen mit vier Antennen eine Methode mit omnidirektionalen Antennen getestet. Hier reicht eine senkrechte Antenne pro Station aus. Diese Stationen sind schnell auf- und abgebaut, sodass auch auf Wanderbewegungen reagiert werden kann. Dies könnte auch für weitere Arten interessant sein, die sich mit ihren Küken noch weiter vom Brutplatz wegbewegen als der Brachvogel, wie zum Beispiel der Kiebitz.